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Was ist "mental health" überhaupt?



Ein Begriff, der in unseren heutigen sozialen Medien immer häufiger genutzt wird, ist der der mentalen und psychischen Gesundheit. Dabei geht es vor allem darum, mehr Aufmerksamkeit und Annerkennung für diesen Begriff und dieses Problem, das in unserer Gesellschaft leider immer noch tabuisiert wird, zu erlangen. Denn die psychische Gesundheit ist ebenso wichtig wie die physische. Wie heißt es da gleich so schön? In einem gesunden Körper lebt ein gesunder Geist. Gleichzeitig bedeutet das aber auch, dass unsere Psyche zu physischen, sogennanten psychosomatischen, Symptomen führen kann. Wer kennt dieses Grummeln im Bauch nicht, wenn man ein Vorstellungsgespräch, eine Präsentation oder einen Auftritt meistern muss? Dieses körperliche Symptom wird von unserem Gehirn ausgelöst, das registriert, wie angespannt, nervös oder ängstlich wir in der Situation sind. Daraufhin sendet es verschiedene Signale aus und so kommt es, dass wir eben Bauchschmerzen vor Angst haben. Oder ein ungutes Gefühl, wenn wir uns bei etwas nicht sicher sind.

Auch ich würde gerne mehr Anerkennung für psychische Krankheiten und Probleme sammeln, da es mir als selbst Betroffene mit der Stigmatisierung und Tabuisierung noch deutlich härter gemacht wird, mich zu öffnen, über meine Probleme zu reden und zu mir zu stehen. Dabei gibt es eigentlich gar keinen Grund dafür, weil eben nicht alle, die unter einer psychischen Krankheit leiden, verrückt, nicht zurechnungsfähig oder gefährlich sind. Das sind nur die allerwenigsten Betroffenen - und diese stellen meist eine größere Gefahr für sich selbst als für andere dar.


Wenn man mich so sieht, wirke ich wie eine ganz gesunde und normale Studentin. Ich musiziere gerne, habe früher leidenschaftlich Feldhockey gespielt und liebe es, ein gutes Buch zu lesen. Wenn andere dies hören und dann erfahren, dass ich zusätzlich auch noch Medizin studiere, dann meinen sie oft, dass mir ja alles unglaublich leicht fallen müsste und ich gar keine Probleme haben könnte. Nun... In der Realität sieht das ein wenig anders aus.

Ja, es fällt mir leicht, neue Dinge zu lernen, mich für etwas zu begeistern oder mir etwas zu merken. Ich kommuniziere gerne mit anderen, gebe stets mein Bestes und erreiche so oft meine Ziele. Doch wie es in mir aussieht, verrät all das nicht.

Denn tatsächlich leide ich unter einigen schweren Krankheiten - physisch wie psychisch. Diese sind so schwerwiegend, dass sie mir einen normalen Alltag oft unmöglich machen. Sie sind sogar so schwerwiegend, dass mir wegen ihnen ein Schwerbehindertenausweis zusteht.

Ich entwickelte im Alter von 13 Jahren eine Essstörung mit dem Namen Anorexia nervosa. Im Klartext bedeutet das, dass ich zwar essen möchte, es aber nicht kann. Denn irgendwas in mir, erzählt mir ständig, dass ich zu fett, zu hässlich und zu wenig Wert sei. Es sagt mir, dass ich ganz bestimmt nichts essen solle, weil ich sonst zunehmen könnte. Dieser innere Kampf tobt ununterbrochen in mir und ich habe immer das Gefühl zu verlieren - ganz egal, für was ich mich entscheide.

Außerdem wurde ich im Alter von 15 Jahren sehr brutal vergewaltigt, habe dabei schwere Verletzungen erlitten und war ungewollt schwanger. Das Resultat dieses Abends ist ein weiterer Wegbegleiter. Eine posttraumatische Belastungsstörung. Diese äußert sich vor allem darin, dass ich schon bei geringsten Berührungen, überraschenden Geräuschen oder anderen Auslösern (sogenannte Trigger) einen Krampfanfall erleide. Dabei bin ich wieder in der damaligen Situation gefangen, erlebe alles wieder und wieder. Wie er mich anfasst, was er mit mir macht und wie er riecht. Ich spüre wieder seine Hände an, auf und in mir und kann nichts dagegen tun. Manche Krämpfe sind so schlimm, dass ein Notarzt gerufen werden muss, der mich hoffentlich mit gespritzten Medikamenten aus diesem Krampf heraus holen kann. Oft genug falle ich auf Grund eines solchen Krampfes aber auch ins Koma, sodass nichts anderes übrig bleibt, als mich zu intubieren und auf die nächste Intensivstation zu bringen.

Ach und dann gibt es noch die Depressionen.

Wegen all dieser psychischen Erkrankungen nehme ich starke Medikamente und dennoch helfen sie nicht wirklich. Ich kann nachts nicht schlafen, weil ich nur Alpträume habe und bin ständig erschöpft. Man sieht es mir zwar nicht an, dennoch bin ich dadurch immens eingeschränkt.

Und weil ich offensichtlich den Jackpot geknackt habe, gab es direkt noch physische Erkrankungen dazu. Unter anderem ein sehr schweres Asthma (das leider aber nicht durch Allergien, sondern durch fast alles ausgelöst wird) mit einer damit verbundenen Lungenfunktion von noch ca. 30%. Dass es damit sehr schwierig ist, überhaupt was zu machen, erscheint fast logisch, oder? Irgendwann dachte sich mein Herz dann, dass es der wilden Party gegen mich auch beitreten wolle, und lachte sich eine ganz reizende Dame namens Herzrhythmusstörung an.


Dass ich trotz all dieser Hindernisse immer weitermache und meine Träume noch nicht aufgegeben habe, möchte ich gerne mit Dir teilen. Ich bin ein Mensch wie jeder andere auch, nur dass ich halt krank bin. Aber deshalb bin ich nicht weniger wertvoll oder etwa dümmer.

Ich möchte mit meiner Gechichte inspirieren und anderen Betroffenen oder deren Angehörigen helfen. Aber jeder, der sich für all das interessiert, ist ebenfalls herzlich willkommen - denn nur gemeinsam sind wir stark.


Ich freue mich sehr, dass ich meine Gedanken und Gefühle, meine Vergangenheit und Gegenwart hier mit Dir teilen kann. Lass uns diese wunderbar verrückte Reise beginnen!

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